Penicilline

Aus Pinselschimmelpilz gewonnenes Antibiotikum

1928 entdeckte der schottische Bakteriologe Alexander Fleming zufällig die bakterientötende Wirkung von Kulturen des Pinselschimmelpilzes Penicillium chrysogenum (früher P. notatum; lat. penicilius = Pinsel). Aus dieser Pilzkultur extrahierte Fleming später den antibiotischen Wirkstoff und nannte ihn Penicillin. Als Medikament wurde Penicillin aber erst einige Jahre später eingesetzt.

Penicilline: Antibiotischer Arzneimittelwirkstoff

Penicilline sind natürlich vorkommende, antibiotische Arzneiwirkstoffe, die bakterientötend wirken. Sie gehören zur Gruppe der Beta-Lactam-Antibiotika. Damit sind sie Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzkulturen.

Neben den natürlich vorkommenden Penicillinen stellen Pharmazeuten die Wirkstoffe auch biosynthetisch und teilsynthetisch her.

Ärzte setzen Penicilline bei bakteriellen Infektionen ein, um die jeweiligen Krankheitserreger abzutöten. Sie unterstützen damit das Immunsystem des Körpers bei der Abwehr.

Anwendungsgebiete von Penicilline

Wichtige Einsatzgebiete von Penicillin sind:

Manchmal verschreiben Ärzte Penicilline vorbeugend, etwa vor einer Operation.

Wirkstoffgruppen von Penicilline

Zum einen kommen Penicilline natürlich vor, zum anderen modifizieren und stellen Pharmazeuten die Substanzen halb- oder vollsynthetisch her.

Natürliche Penicilline

Übersicht natürlicher Penicilline

NameSynonymSummenformel
Penicillin FPenicillin I, Penten(2)yl-penicillinC14H20N2O4S
Penicillin GPenicillin II, BenzylpenicillinC16H18N2O4S
Penicillin XPenicillin III, p-HydroxybenzylpenicillinC16H18N2O5S
Penicillin KPenicillin IV, HeptylpenicillinC16H25N2O4S
Penicillin DF
Dihydropenicillin F, Penicillin H2F, Amylpenicillin
C14H22N2O4S
Penicillin N
Adicillin
C14H21N3O6S
Penicillin MIsopenicillin NC14H21N3O6S

Benzylpenicillin bzw. Penicillin G war der erste Penicillin-Wirkstoff, den man zur Behandlung einer Krankheit einsetzte. Benzylpenicillin ist nicht säurestabil und würde bei oraler Einnahme im Magen seine Wirkung verlieren. Deshalb geben Ärzte diesen Wirkstoff stets als Spritze oder Infusion. Ein weiterer Nachteil ist die Empfindlichkeit gegen das Enzym Pencillinase. Wenn die Krankheitserreger dieses Enzym bilden, können sie Benzylpenicillin damit schnell unschädlich machen. Depotformen von Benzylpenicillin (Penicillin G) sind:

  • Procain-Benzylpenicillin
  • Clemizol-Benzylpenicillin
  • Benzathin-Benzylpenicillin

Ärzte setzen Benzylpenicillin wegen seiner guten Verträglichkeit und starken Wirkung gegen empfindliche Keime oft ein. Insbesondere bei folgenden Infektionen mit:

Bio- und teilsynthetische Penicilline

Zu den bio- und partialsynthetischen Penicillinen gehören die oral wirksamen Penicilline, die penicillinasestabile Penicilline und die Breitspektrumpenicilline.

Oralpenicilline wie Phenoxymethylpenicillin (Penicillin V) und Propicillin nehmen Sie über den Mund auf. Außerdem zählen Azidocillin und Phenethicillin (Penicillin MV) zu dieser Untergruppe. Sie haben ein ähnliches Wirkungsspektrum wie Penicillin G. Ihr Vorteil ist, dass sie säurestabil sind. Sie bleiben quasi beim Kontakt mit der Magensäure stabil. Daher ist eine orale Gabe möglich. Jedoch haben sie nur die Hälfte bis ein Viertel der Wirkstärke des Benzylpenicillins und werden ebenfalls leicht von Penicillinase unwirksam gemacht.

Penicillinase-stabile Penicilline sind wirksam gegen Erreger, die das Enzym Penicillinase bilden. Zu dieser Untergruppe zählen die Stoffe Oxacillin, Dicloxacillin und Flucloxacillin. Sie sind ausschließlich gegen Staphylokokken wirksam. Dieser Keim ist jedoch oft bereits resistent gegen Penicillinase-stabile Penicilline und viele weitere Antibiotika.

Breitspektrumpenicilline haben ein erweitertes Wirkungsspektrum. Es gehören folgende Penicilline dazu:

  • Aminopenicilline: Amoxicillin, Ampicillin, Bacampicillin, Epicillin, Pivampicillin, Sultamicillin
  • Acylaminopenicilline: Apalcillin, Azlocillin, Mezlocillin, Piperacillin
  • Carboxypenicilline: Carbenicillin, Ticarcillin
  • Ureidopenicilline: Azlocillin, Piperacillin, Mezlocillin

Die oralen Wirkstoffe Ampicillin und Amoxicillin verschreiben Ärzte besonders bei Infektionen der Atem-, Harn- und Gallenwege, bei Mittelohrentzündung, Keuchhusten und Blutvergiftung. Mezlocillin ist vor allem gegen Enterokokken wirksam, die Eingeweideinfektionen verursachen. Piperacillin entfaltet seine Wirksamkeit besonders stark gegen Pseudomonas aeruginosa, einen ähnlichen Problemkeim wie Staphylokokkus aureus.

Für ein breiteres Wirkungsspektrum und ein optimales Ergebnis werden die Einzelpenicilline bei der Behandlung auch miteinander kombiniert.

Wirkung von Penicilline

Penicillin
Penicillin wird bei verschiedenen bakteriellen Infektionen eingesetzt.
Bild: Thomas Faull – Getty Images Signature (Canva.com)

Penicilline haben den Wirkungsmechanismus der Beta-Lactam-Antibiotika. Sie behindern den Aufbau der Zellwand der Bakterienzellen, indem sie das dafür notwendige Enzym D-Alanin-Transpeptidase blockieren. Diese Enzymhemmung führt bei der Vermehrung der Zellen des Krankheitserregers dazu, dass die Zellwand instabil wird. Sie zerreißt. Auf diesem Weg töten Penicilline Bakterien ab.

Penicilline wirken bakterientötend (bakterizid).

Penicilline wirken jedoch nur auf Bakterienzellen, die sich teilen und vermehren, denn nur bei diesem Vermehrungsprozess müssen Zellwände aufgebaut werden.

Bei Zellen, die sich nicht teilen, erfolgt kein Zellwandaufbau und Penicillin findet daher keinen Angriffspunkt. Diese Zellen werden aber meist von der körpereigenen Abwehr eines Organismus unschädlich gemacht und stellen keine besondere Gefahr dar.

Penicilline und Resistenzen

Durch übermäßigen Einsatz von Penicillinen, aber auch durch Mutation passiert es, dass die Bakterien, die man mit Penicillin bekämpfen will, unempfindlich gegen die Wirkstoffe werden. Wenn sich Bakterienzellen entwickeln, die das Enzym Beta-Lactamase herstellen, machen sie die Penicilline unwirksam. Aus diesem Grund verabreichen Merdiziner Penicilline in Kombination mit anderen Stoffen, die diese Beta-Lactamase-Entwicklung beeinflussen. Diese sogenannten Beta-Lactamase-Inhibitoren wie der Clavulansäure, Sulbactam und Tazobactam heben Resistenzen auf und erhöhen die Wirksamkeit.

Nebenwirkungen von Penicillinen

Bauchschmerzen?
Zu den typischen Nebenwirkungen unter der Zufuhr von Penicillinen gehören Beschwerden im Magen-Darm-Trakt.
Bild: thebigland45 – stock.adobe.com

Penicilline sind im Allgemeinen gut verträglich und als Stoffe ungiftig. Es kommt vor, dass Penicilline durch ihre bakterientötende Wirkung auch nützliche Bakterien in der der Darmflora angreifen. Die Folgen davon sind Verdauungsbeschwerden, wie Durchfall oder Erbrechen.

Nach einer Penicillin- bzw. Antibiotikabehandlung ist es ratsam, eine gesunde Darmflora wieder aufzubauen. Hierfür stehen dem Antibiotika-Patienten rezeptfreie Präparate zur Verfügung.

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Bitte lassen Sie sich bei der Auswahl der passenden Arznei von Ihrem Arzt oder von unseren Apothekern beraten.

Eine andere Nebenwirkung, die bei der Einnahme von Penicillinen auftritt, ist eine allergische Reaktion auf den Wirkstoff. Durchschnittlich ist einer von 7000 Patienten davon betroffen. Die Allergie äußert sich als leichte Hautrötung, Hautausschlag, Erbrechen und Übelkeit. In seltenen Fällen kommt es zu einem allergischen Schock.

Benachrichtigen Sie bei Auftreten von Nebenwirkungen Ihren Arzt.

Kontraindikation und Wechselwirkungen mit anderen Mitteln

Bei einer bekannten Allergie gegen Penicilline bzw. anderer Beta-Lactam-Antibiotika sehen Sie von einer Gabe ab. Schwangere klären die individuelle Dosis entsprechend Ihrer Schwangerschaftswoche mit Ihrem behandelten Arzt ab. Bei Zufuhr der Penicilline ist es ratsam, auf Milch oder Milchprodukte zu verzichten. Das enthaltene Calcium hemmt die Aufnahme dieser spezifischen Antibiotika, insbesondere bei den Wirkstoffen Ciprofloxacin, Doxycyclin und Norfloxacin. Daneben sollten Sie keinen Alkohol während der Behandlung mit Penicillin trinken.

Auch bei der Einnahme von anderen Medikamenten kommt es zu Wechselwirkungen. So ist bekannt, dass Penicilline die Wirkung hormoneller Verhütungsmittel wie die Anti-Baby-Pille reduziert.


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Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihre Ärztin, Ihren Arzt oder in Ihrer Apotheke.

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Stand vom: 18.07.2022

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit findet sich im Text die jeweils männliche Form bei Personenbezeichnungen. Es versteht sich jedoch von selbst, dass sich die Angaben auf Angehörige beider Geschlechter beziehen.

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